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Vom Lesen und Lernen
Aus der PETRI NEWS 210-2017

 H.R. Hebeisen

Vom Lesen und Lernen


Die Zeiten ändern sich, doch einiges ändert sich nicht. Nämlich, dass die „Alten“ glauben, es besser zu wissen. Nun gehöre ich auch zu dieser Kategorie und will mal – eben typisch Alter, den Besserwisser herauskehren. Ich rede nun vom Lesen und Lernen. Beides hat sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv verändert. Sicher auch zum Guten, dem Computer und dem Internet sei Dank ausgesprochen.

Interessant nur, dass der Prozentsatz derer, die gar nicht mehr, oder nur noch knapp lesen können, jährlich steigt. Wortschöpfungen wie „Crats“, was früher Congratulations hiess, haben Eingang in das tägliche Leben (der übernächsten Generation) gefunden; und werden dereinst vermutlich sogar im Duden erscheinen; nichts ist unmöglich.

Genauso abgekürzt werden die Lernmethoden interpretiert. Stichwort: Youtube. Dort kann man sich zu jedem Thema Kurzfilme ansehen. So auch z.B. von meinem Schulfilm „Perfektes Fliegenwerfen“. Ein rund 4-Minuten Clip. Aus einem Schulfilm, der 60 Minuten dauert. Erkläre ich einem Schüler, dass es sinnvoll wäre, sich einen solchen Film mehrmals anzusehen, damit der gewünschte Bewegungsablauf sich auch im Kopf festsetzt, so höre ich, halt eben von dieser übernächsten Generation oft: „Youtube“ (mit einem „wissenden“ Lächeln). Ist einfacher und zudem erst noch kostenlos. Nur was lerne ich von einem Fachbuch mit 300 Seiten, wenn ich die Seiten 67 bis 85 lese? Und von einem anderen Titel die Seiten 109 bis 128 etc.? Und wenn ich, wie in diesem Fall, ganze 56 Minuten Instruktion verpasse?

Kürzlich, es war anschliessend an einem unserer Zürich-Kurse, also im „Landhus“ gegenüber unserem Laden, als ich, wie üblich nach der Knotenkunde noch einen kurzen Vortrag zum Thema Fliegenfischen hielt. Ein junger Schüler spielte mit seinem Smartphone dazu und ich fragte ihn, ob er nun von hier oder dort lernen möchte. „Beides“, war die Kurzantwort. Ich weiss dann nicht, ob das zum Ziel führt.

Und so werden hoffentlich aus dem jungen Mann trotzdem ein brauchbarer Mensch und vielleicht sogar ein guter Fliegenfischer. Ich wünsche es ihm. Selbst dann, wenn ich nach wie vor der Meinung bin, dass das Studium eines ganzen Schulfilmes und das Lesen eines ganzen Fachbuches, die Möglichkeit zur Erreichung der Spitze eines Faches drastisch erhöht.

H.R. Hebeisen