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Aus der PETRI NEWS 229-2020

James Fond 008
 

Frühlings- oder Herbstmarkt?

Unter den Köchen gibt es klar eine geteilte Meinung, was denn besser ist für die feine, kreative Küche, der Frühling oder der Herbst. Jahrelang war ich auf der Frühlingsseite und bin dann mit der Zeit eher auf den Herbst gekommen, weil der eine noch breitere Vielfalt in Sachen Köstlichkeiten für die Küche bietet.
Seit ich regelmässig Tiziano Marinello’s Marktbericht im Facebook lese, verstehe ich auch immer mehr, dass man sich im Somme am grossen Überfluss von Früchten und Gemüsen  genauso erfreuen kann.

Die Heidi hat ja in diesem Boudoir von der Vergangenheit zum Thema Essen geschrieben, ergo wende ich mich nun dem Herbst zu, auf den ich mich immer besonders freue. Und nicht nur in der Küche, nein auch am Fischwasser.

Vorbei die Zeit, wo man zur absoluten Unzeit aufstehen musste um (fang) zeitig am Fluss zu stehen, vorbei die Zeit, wo man nach dem abendlichen Fischgang bald gegen Mitternacht zu Tisch sass, die Dame des Hauses schon mit deutlich schläfrigem Blick, ER, endlos und begeistert von Bissen und abgehauenen Riesenfischen schwafelnd.

Das erste was ich nach meiner Rückkehr mache, ist, meinen Hausmarkt in Embrach und Örlikon zu besuchen. Welch ein Augenfest, beginnend schon mit dem riesigen Angebot an Herbstblumen, was gibt es da nicht noch mehr Schönes als die bekannten Astern und Dahlien?

Am Fischstand gibt es jede Menge fangfrischer Egli, Zander und Hecht, jetzt ist die Zeit um einheimischen Fisch zu kaufen, er ist so gut wie die teuersten Meeresfische – und – im Binnenland eben frischer! Darf ich Ihnen wieder einmal die Limonen Fischsuppe ans Herz legen, Rezept unter Rezepte in meinem 1. Band „Faszination Tafelfreuden“.

Bei all den Gmüslern, bei den grossen Profis, aber auch beim kleinen Bauernstand, gibt es jetzt wahrlich ein göttlicher Überfluss an Früchten und Gemüsen. Äpfel (möglichst Ende August noch die letzten grünen Gravensteiner kaufen) in allen Varianten, Birnen, Zwetschgen, Plaumen, Pfirsiche, Nektarinen und auch noch jede Menge frischer Beeren diverser Arten.

Für den Nüssler (wartet auf den 1. Frost) ist es noch etwas früh, dafür gibt’s den frischen Blattspinat und saftige Gurken. Die Tomaten feiern ihr eigenes Herbstfest; einfach unglaublich die tolle Auswahl, wobei ich die Besten immer an den kleinen Bauernständen kaufe, die absolut natürlich gereiften Gewächse, wobei meine Favoriten die Berner Rose und die Ochsenherz die Cuor die Bue sind. Tomaten-Speck-Käsegratin gibt es bei uns im September mindestens einmal pro Woche.

Kommen wir endlich zu meinem Favoriten Thema, den Pilzen, ich könnte immer fast weinen vor Freude, wenn ich an einem Stand eine grosse Auswahl frischer Pilze sehe. Kennen Sie Ovoli (Kaiserling)? Ganz jung, noch geschlossen kaufen, dann nur aufschneiden, wenig Salz und gutes Olivenöl drüber . . . Nebst dem Steinpilz gibt es noch viele andere feine Röhrlinge, die jungen, ganz frischen davon kann man immer auch roh essen, einfach fein geschnitten und dann wie beim Ovoli; feines Olivenöl in der Küche zu haben ist ja immer erste Pflicht. Ein Kalbssteak mit frischen Steinpilzen ist doch eine Krönungsmahlzeit. Heidi mag so gerne Rührei mit Eierschwämmli und ich mag auch ein einfaches Pilzragout mit Reis.

Aber das ist ja noch immer nicht alles; was ist denn nun mit den frischen Alp- und Bergkäsen, einer echten Alpbutter. Ist denn ein Essen mit frischer Kartoffel mit einer solchen Butter und feinen Käsen überhaupt zu schlagen?

Auch wenn es vieles gibt, welches ich leider aus Platzgründen nicht anführen kann; (2 Kochbücher habe ich ja geschrieben) zwei Dinge muss ich einfach noch erwähnen. Nüsse und Honig; frische Baumnüsse mit Käse, Brot und Rotwein und am Sonntagmorgen ein grosses Zopf- oder ein Weissbrot vom redlichen Bäcker mit feinem Anke und Honig . . .

Freunde, wir leben im Paradies, auch wenn dieses zurzeit aufgrund anderer Umstände etwas „im Regen steht“. Unter dem Schirm lebt sich auch gut.